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Schwedens Integrationspolitik: Jahrelange Versäumnisse

Schwedens Integrationspolitik: Jahrelange Versäumnisse

Schwedens Integrationspolitik: Jahrelange Versäumnisse

Ein brennendes Fahrzeug während der Migrantenkrawalle im schwedischen Malmö: Die Regierung des Landes spricht davon, bei der Integrationspolitk versagt zu haben
Ein brennendes Fahrzeug während der Migrantenkrawalle im schwedischen Malmö: Die Regierung des Landes spricht davon, bei der Integrationspolitk versagt zu haben
Ein brennendes Fahrzeug während der Migrantenkrawalle im schwedischen Malmö: Die Regierung des Landes spricht davon, bei der Integrationspolitk versagt zu haben Foto: picture alliance / TT NEWS AGENCY / Johan Nilsson/
Schwedens Integrationspolitik
 

Jahrelange Versäumnisse

Nach den Krawallen über Ostern in Schweden erklärt die Regierung des Landes ihre Integrationspolitik für gescheitert. Indes will die Partei Nyans, die als politisches Sprachrohr der muslimischen Gegengesellschaften auftritt, bei den Wahlen im September den Einzug ins Parlament meistern.
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Nach den gewalttätigen Unruhen in Schweden über Ostern mit mehr als 100 verletzten Polizeibeamten, abgebrannten Autos und Bussen stellt sich die schwedische Politik die Frage, wie die Situation in vielen Vororten so eskalieren konnte. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson räumte am Donnerstag, den 28. April, ein, daß das Land bei der Integration versagt habe.

„Was wir sahen, waren keine politischen Proteste. Die schwedischen Sicherheitsbeamten wurden mit Steinen und Molotowcocktails angegriffen. Es handelte sich nicht um politische, sondern um kriminelle Handlungen. Ein Angriff auf die Demokratie, in die viele Menschen eigentlich geflüchtet sind“, sagte Andersson.

Ministerpräsidentin spricht von Parallelgesellschaften

Die Tatsache, daß die Unruhen provoziert werden konnten, sei im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Segregation so weit gehen konnte, daß wir jetzt in Schweden Parallelgesellschaften haben, sagte Magdalena Andersson auf einer Pressekonferenz im Beisein von Justiz- und Innenminister Morgan Johansson und Integrations- und Migrationsminister Anders Ygeman.

„Wir leben im selben Land, aber in völlig unterschiedlichen Realitäten“, betonte die Sozialdemokratin. Schweden habe es versäumt, die große Anzahl von Einwanderern, die es in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgenommen hatte, zu integrieren, was zu Parallelgesellschaften und Bandengewalt geführt habe.

Regierung will Maßnahmenpaket gegensteuern

Auf der Pressekonferenz wurde eine Reihe neuer Maßnahmen – insgesamt acht Punkte – vorgestellt, um die Segregation zu durchbrechen. Dazu gehört die Erleichterung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen den Behörden, um zu verhindern, daß junge Menschen in die Kriminalität abrutschen, aber auch um Kriminelle zu fassen. Die Regierung will auch dafür sorgen, daß die zuständigen Behörden schärfere Instrumente und bessere Möglichkeiten zur Anwendung von Zwangsmaßnahmen erhalten, damit Kinder und Jugendliche nicht auf die schiefe Bahn geraten. Und die Strafverfolgungsbehörden sollen mehr Möglichkeiten bekommen, zum Beispiel das Abhören von Telefonen zur Verbrechensbekämpfung einzusetzen.

Um sicherzustellen, daß mehr Kinder und Jugendliche in den schwedischen Problemgebieten sehen, daß ihre Eltern arbeiten gehen, will die Regierung eine obligatorische Erwerbstätigkeit bei der Einkommensunterstützung einführen. „Aber das ist keine schnelle Lösung. Sie erfordert systematische, aber harte Arbeit. Dies sind nur einige Beispiele aus einer langen Liste von Maßnahmen. Wir werden uns von vergangenen Wahrheiten verabschieden und schwierige Entscheidungen treffen müssen. Und wir werden mit weiteren Anstrengungen im Kampf gegen kriminelle Banden reagieren“, betonte Andersson.

Migrantenpartei Nyans wittert Morgenluft

Eine Manifestation dieser Parallelgesellschaften zeichnet sich nun mit der neuen Partei Nyans (etwa Nuance) parteipolitisch ab. Nyans tritt offiziell als Sprachrohr von Schweden mit ausländischen Wurzeln, Minderheiten und benachteiligten Jugendlichen in den Vororten der Großstädte auf. Kritiker werfen Nyans eine Nähe zum Islamismus und gewalttätigen Jugendgangs vor. Nyans wird vom türkischstämmigen Politikwissenschaftler Mikail Yüksel geführt, welcher auch prominentes Gesicht der Partei ist.

Yüksel ist kein Unbekannter in der schwedischen Politik. Bereits für die Reichstagswahl 2018 war er auf einem aussichtsreichen Listenplatz für die sozialliberale Zentrumspartei im Wahlkreis Göteborg aufgestellt. Er wurde jedoch aus der Partei ausgeschlossen und von der Liste gestrichen, nachdem seine engen Kontakte zu den nationalistischen Grauen Wölfen in der Türkei bekannt wurden und Yüksel diese zudem verschleiert hatte.

Partei Nyans will Islamophobie strafbar machen

Als Reaktion auf seinen Ausschluß aus der Zentrumspartei gründete Yüksel 2019 dann die Partei Nyans mit dem Ziel, an den Reichstagswahlen 2022 teilzunehmen. Kernforderungen von Nyans sind Islamophobie als eigenständigen Straftatbestand aufzunehmen, eine Minderheitenstellung für Muslime im schwedischen Grundgesetz zu verankern und kränkende Abbildungen ihres Propheten zu verbieten. In öffentlichen Auftritten wird zumeist die Opferrolle von Muslimen in Schweden kultiviert, auch wenn die Partei sich offiziell an andere Minderheiten und generell an Menschen in den Vororten der Großstädte wendet.

Ein weiteres Mobilisierungswerkzeug ist die Kampagne gegen das Gesetz zum Schutz von Jugendlichen (Lagen om vård av unga, LVU). Seit Herbst 2021 gibt es eine von radikalislamistischen Akteuren und Medien aus dem arabischen Raum gesteuerte Desinformationskampagne gegen Schwedens soziale Dienste. Demnach würden Mitarbeiter der Sozialbehörden muslimische Kinder mit Hilfe des LVU von ihren Eltern trennen und somit „kidnappen, um eine Zwangassimilation“ einzuleiten. Yüksel sah in dieser Kampagne keine Probleme, und Nyans beteiligte sich Anfang 2022 an Protesten gegen das LVU in mehreren Städten, wo Schweden als „Faschistenstaat“ bezeichnet wurde.

Partei tritt als Sprachrohr der Muslime auf

Eine weitere Kampagne Nyans’ ist die Forderung nach einem polizeilichen Verbot von Veranstaltungen, welche „gegen Muslime hetzen“. Yüksel hofft dabei, diese Forderung durch die Einschaltung des Justizombudsmannes umzusetzen, so daß er keine Mehrheit im Reichstag benötigt. Diese Initiative zur Einschränkung der Meinungsfreiheit ist eine weitere Kampagne gegen die schwedische Mehrheitsgesellschaft und zeigt, wie Nyans als politisches Sprachrohr von muslimischen Gegengesellschaften auftritt.

Umfragen vor den Reichstags- und Kommunalwahlen im September 2022 zufolge sind die Chancen von Nyans gering, die Vierprozentklausel auf Landesebene zu überwinden. Vor allem bei den Wahlen zum Stockholmer Stadtrat sieht Mikail Yüksel jedoch gute Chancen für seine Partei. „Wir haben in Stockholm genug Leute in unseren Zielgruppen, um in den Stadtrat zu kommen“, erklärte er gegenüber der Lokalzeitung Mitt i Stockholm. Dabei handele es sich um „minderheitenfreundliche Gruppen, die oft in den Vorstädten leben und der etablierten Parteien überdrüssig sind. Nicht nur Menschen mit ausländischem Hintergrund, sondern auch junge Menschen im allgemeinen sind von Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit betroffen“, betont Yüksel. „Wir brauchen 18.000 Stimmen, um nach Stockholm zu kommen. Aber ich denke, wir können mehr als 30.000 erreichen.“

JF 19/22

Ein brennendes Fahrzeug während der Migrantenkrawalle im schwedischen Malmö: Die Regierung des Landes spricht davon, bei der Integrationspolitk versagt zu haben Foto: picture alliance / TT NEWS AGENCY / Johan Nilsson/
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